Ein Mord ohne Leiche
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Voll daneben
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Die Zeugen der Anklage brechen weg

⚖️ Das mit Spannung erwartete Beweisverfahren im Häusle Prozess hat am vergangenen Montag begonnen. Die Staatsanwaltschaft brachte ihre vielversprechendsten Belastungszeugen vor den Schöffensenat. Allen voran den Innsbrucker Umwelt-Toxikologen, Dr. Lener, der massive Umweltbeeinträchtigungen belegen sollte, aber auch den Leiter der Abfallwirtschaftsabteilung des Landes Vorarlberg sowie einige aussagefreudige Häusle Mitarbeiter. Gespannt wartete man auf den großen Paukenschlag. Wie groß war denn der Umweltschaden nun tatsächlich? Welche kriminellen Machenschaften stecken dahinter? Wer hat Schuld auf sich geladen?

Fazit der letzten drei Prozesstage: Eine Umweltgefahr sei von den gegenständlichen Verfüllungen nicht ausgegangen, man wisse auch in den meisten Fällen nicht genau, wann und in welchem Umfang sie überhaupt stattgefunden haben. Im Übrigen seien die verfüllten Sieb- und Gärreste aus toxikologischer Sicht vollkommen unbedenklich, so der Umwelt-Sachverständige. Und Harald Dreher, Leiter der Abfallwirtschaft im Land, sehe nicht im Entferntesten ein finanzielles Motiv für diese Vergrabungen auf dem Areal der Firma Häusle. Für ihn gäbe es bis heute keinen nachvollziehbaren, erklärbaren Grund dafür.

Und jene Häusle Mitarbeiter, die beweisen sollten, dass ich (Bösch), eine illegale Verfüllung als genehmigte Verwertungslösung präsentiert haben soll, verstricken sich in einem Lügengebilde, welches selbst bei der Staatsanwältin Kopfschütteln auslöste.

Die gesamte Sache ist in keinem Maße die, als die sie kommuniziert wurde.

Bis Dienstag mittags war zunächst der Toxikologe am Wort. „Die gesamte Sache ist in keinem Maße die, als die sie kommuniziert wurde“, so beginnt der Umweltgutachter Dr. Lener, seine Ausführungen im Zeugenstand. Bemerkenswert auch sein Statement, dass es sehr schwierig sei, die Dinge miteinander in Beziehung zu bringen und festzustellen, ob ein erhöhter Messwert tatsächlich durch die Verfüllungen verursacht worden sei, welche den Beschuldigten vorgeworfen werden.

Auch für ihn läge kein zwingender Beweis vor, dass Straßenkehricht oder Kanalräumgut im Maisacker verfüllt worden sei und die Fotos, die er persönlich gesehen habe, würden jedenfalls nicht auf Straßenkehricht hindeuten. Auf die Frage, was denn seiner Ansicht nach die Ursache für teilweise erhöhte Kohlenwasserstoffwerte auf dieser Grünfläche sein könne, gab er zu Protokoll: „Ich weiß es nicht und kann nur raten. Und wenn ich raten müsste, dann würde ich vielleicht auf Material aus einem Ölabscheider tippen.“ Genauso wenig ließe sich bestimmen, zu welchem Zeitpunkt die Verunreinigung verursacht wurde. „Ob eine lokale Bodenverschmutzung mit Öl vor 6 Monaten oder vor 20 Jahren verursacht wurde, kann ich anhand der Beprobung nicht mit Sicherheit sagen. Das ist reine Spekulation“, führt Dr. Lener weiter aus.

Konträre Fachmeinung

Eine komplett konträre Fachmeinung vertreten Dr. Dreher (Abfallwirtschaft) und Dr. Lener (Toxikologe) bei der Frage um die Konsistenz der Stoffe, die die lokale Verunreinigung des Maisackers verursacht haben soll. Während es für Lener ganz klar ein fester Stoff gewesen sein müsse, ist Dreher davon überzeugt, dass die Verschmutzung mit Bestimmtheit über ein flüssiges Medium eingebracht worden sei.

Am Mittwoch kamen schließlich Häusle Maschinisten, also Bagger- oder Radladerfahrer, zu Wort, die vor drei Jahren schon bei der Polizei und beim Zoll Wahrnehmungen zur ominösen Betriebsversammlung oder zum Thema Straßenkehricht im Maisacker zu Protokoll gaben. Ihr Auftritt hatte etwas wahrlich Komödiantenhaftes an sich.

Anton K., ehemaliger Betriebsrat, war im Jahr 2016 bei der Polizei, beim Zoll und im Radio besonders auskunftsfreudig. Bei seinen damaligen Einvernahmen hatte er zu mehreren Verfüllungen und auch darüber hinaus Vieles mit mehr oder weniger Realitätsgehalt zu berichten. Seine Einvernahmeprotokolle hat er offenbar vor seinem Auftritt in der Hauptverhandlung nicht mehr durchgelesen, denn an seine Aussagen konnte er sich durchwegs nicht mehr erinnern. Und mit seinen jetzigen Darstellungen widerlegt er entweder das damals Gesagte, oder aber er tischt dem Gericht Kuriositäten auf, die man nur schwer für bare Münze halten kann.

Phantombilder

So führt Anton K. beispielsweise aus, er sei sich sicher, dass Straßenkehricht über ein Wochenende in den Maisacker verfüllt worden sei. Er habe diesbezüglich zwei aus dem Jahr 2010 oder 2011 stammende Drohnenbilder gesehen. Auf diesen Fotos seien jeweils ein Haufwerk mit Straßenkehricht abgebildet, einmal am Freitag aufgenommen und ein zweites Mal am darauffolgenden Montag. Das Bild vom Montag zeige, dass der Haufen um zwei Drittel kleiner sei, als am Freitag zuvor. Deshalb, so die Überzeugung des Anton K., ist die logische Folge, dass der Kehricht über’s Wochenende im Maisacker vergraben worden sein müsse. Die betreffenden Bilder konnte er unglücklicherweise nicht vorlegen und ansonsten hat die Fotos auch niemand gesehen.

In Sachen Betriebsversammlung kann er sich immer noch – so wie es in den VN stand – daran erinnern, ich hätte den pralinenförmigen Einbau von Gärresten in einen Damm als Verwertungslösung vorgeschlagen. Während er 2016 bei den Behördeneinvernahmen zu Protokoll gab, die betreffende Mitarbeiterveranstaltung habe im Juni 2015 stattgefunden, ist er sich jetzt (dreieinhalb Jahre später) sicher, dass ich die Empfehlung angeblich bei einer Art Mitarbeiter-Mittagessen im Februar 2015 abgegeben hätte. Diese Wahrnehmung ist definitiv dem Reich der Märchen zuzuordnen.

Besonders peinlich der Lüge überführt wurde Simon M., ein ehemaliger Baggerfahrer. Hauptsächlich beantwortete er zwar die Fragen des Gerichts mit „keine Ahnung“, doch zur Betriebsversammlung befragt, war er sich sicher, dabei gewesen zu sein. Denn die Teilnahme an einer Mitarbeiterversammlung galt als bezahlte Arbeitszeit und er habe erst nach Ende der Veranstaltung ausgestempelt. Seine damaligen Lohn- und Anwesenheitszeiten beweisen jedoch, dass er der betreffenden Betriebsversammlung nicht beigewohnt hat. Wie konnte er also wissen, was ich auf der Veranstaltung präsentiert haben soll?

Fünf von sechs Belastungszeugen, die meine Anklage rechtfertigen sollten, sind der Anklägerin mittlerweile weggebrochen. Der sechste und somit letzte Zeuge betritt am Montag den Zeugenstand. Es bleibt spannend.

Wo steckt eigentlich Klaus VN Hämmerle?

Völlig untergetaucht zu sein scheint Klaus Hämmerle. Das ist jener VN Redakteur, der schon vor dreieinhalb Jahren das Urteil im Häusle Prozess gefällt hat. Er war es, der mich bereits vor dem Start der behördlichen Ermittlungen, als Schuldigen, als maßlosen Steuerhinterzieher und kriminellen Umweltsünder in den VN öffentlich diskreditiert und verurteilt hat. Es sieht so aus, als habe ihm der bisherige Prozessverlauf die Sprache verschlagen, oder aber er besitzt einfach weder die Größe noch den Mut sich einzugestehen, dass er falsch gelegen und dabei kolossalen Schaden angerichtet hat. Es gilt natürlich die Unschuldsvermutung.

Offenbar haben die Redaktionsverantwortlichen der VN aus der Sache gelernt, und das Blatt berichtet seit Prozessbeginn äußerst korrekt, feinfühlig und objektiv. Mit der Causa ist nun eine Redakteurin betraut, die ihr Geschäft versteht. Christiane Eckert ist zweifellos ein Profi auf dem Gebiet der Prozessberichterstattung und versteht es, faktenbasiert zu berichten und weder in die eine noch in die andere Richtung zu werten. Sie maßt sich auch nicht an, vor der Urteilsverkündung Kommentare zu verfassen, die eine mögliche Tendenz erkennen lassen und damit die Leser beeinflussen. Hätte sie von Anfang an über die Causa Häusle berichtet, so bin ich der festen Überzeugung, gäbe es heute wohl keinen Prozess mit elf Angeklagten.

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