🙂 Nach insgesamt 20 Prozesstagen ist am vergangenen Donnerstag die Hauptverhandlung zur Causa Häusle zu Ende gegangen. Dem Schlussplädoyer der Staatsanwältin folgten zunächst die Resümees der Beschuldigten-Anwälte, ehe sich der Schöffensenat zur Beratung zurückzog. Der Vorsitzende, Richter Mag. Andreas Böhler, nimmt sich eine Woche Zeit, um in Abstimmung mit den Schöffen und dem Beisitzer, Dr. Guntram Fischer, über Schuld oder Unschuld der Angeklagten zu entscheiden. Mit großer Spannung erwarten wir das Urteil am kommenden Donnerstag, den 28. November.
Während sich die Anklägerin in ihren Ausführungen einigermaßen schwer tat, nach dem Beweisverfahren ihre Beschuldigungen und Unterstellungen aufrecht zu erhalten, hatten die Plädoyers aller Verteidiger eines gemeinsam: sie sehen durchwegs keinerlei Verfehlungen ihrer Mandanten und plädieren allesamt auf Freisprüche.
Tatsächlich ist keine Rede mehr von massiver Umweltbeeinträchtigung. Im Gegenteil, die Sachverständigen sind sich keineswegs einig, ob durch die verfahrensgegenständlichen Geländeverfüllungen überhaupt eine Verschlechterung von Boden und Grundwasser eingetreten sei oder möglich wäre. Und von Profitgier, krimineller Energie und vorsätzlicher Abgabenhinterziehung war im Verfahren ohnehin schon nach wenigen Prozesstagen keine Rede mehr. Ob die Sachverhalte vom Schöffensenat auch so gesehen werden, bleibt natürlich abzuwarten. Es wäre vermessen, an dieser Stelle eine Prognose zu wagen.
Einig waren sich sowohl die Beschuldigten als auch die Anwälte, was die Prozesskultur in diesem Verfahren angeht. Die Prozessführung und -organisation durch Mag. Böhler sei geradezu vorbildlich gewesen. Die Anberaumung von drei Verhandlungstagen pro Woche und einer 10-tägigen Pause zwischen den Beschuldigtenvernehmungen und dem Beweisverfahren ließen für alle Beteiligten genug Raum für Erholung und Vorbereitung. Auch der Ton und die Umgangsformen zwischen Angeklagten, Gericht und Zeugen waren von Respekt und Disziplin getragen. Weder Anwälte noch Beschuldigte hätten sich gegenseitig befetzt. „Das ist nicht selbstverständlich bei 10 Angeklagten und ebenso vielen Verteidigern. Das kenne ich auch anders“, so Mag. Thomas Raneburger, Anwalt zweier Beschuldigter.
Die wertschätzende und souveräne Art vom Vorsitzenden, Mag. Andreas Böhler, hat mir die Angst vor diesem Gerichtssaal genommen, ohne jedoch den angemessenen Respekt vor dem Schöffensenat zu verlieren. Richter Böhler hat enormes Fingerspitzengefühl bewiesen.
Martin Bösch, Erstangeklagter
Bemerkenswert waren auch die spitzfindigen Fragen, die der beisitzende Richter, Dr. Guntram Fischer, immer wieder gestellt hat. Obwohl die Abfallwirtschaft kein alltägliches Thema für ihn ist, verblüffte er die Experten mehrmals mit seinen treffenden Fragen und Kommentaren zu Altstoffverwertung, -Recycling und -verbringung.
Der Schöffensenat ist nicht um seine Aufgabe einer fairen und angemessenen Urteilsfindung, zu beneiden. Zu komplex, umfangreich und vielschichtig ist die ganze Thematik und die damit verbundenen Bestimmungen der Abfall-, AlSAG- und Umweltrechtsgesetze. Dennoch zeigt sich nach dreieinhalb Jahren der Vorerhebungen und einer 2-monatigen Hauptverhandlung mit 10 Angeklagten sowie über 30 Zeugen ein deutliches Bild. Der „Häusle-Skandal“ ist nicht das, wonach er zunächst ausgesehen hat, oder wonach manche versucht haben, ihn aussehen zu lassen.
Extrem gespannt warten wir auf das Urteil des hohen Gerichts.